Rugby in Deutschland – das bedeutete jahrelang: „klassische“ Rollenverteilung. Die Männer spielten, die Frauen schauten zu. Doch vor knapp 25 Jahren setzte ein Wandel ein. Das vermeintlich „schwache“ Geschlecht wollte nicht mehr nur zuschauen, sondern selber dem Leder-Ei hinterher zu jagen. Und seit Mitte der 80er Jahre erstmals Frauen (meist Familienangehörige oder Partnerinnen von Rugbyspielern) eigene Teams gründeten und damit begannen, Freundschaftsspiele zu absolvieren, hat sich viel getan in Deutschland: Vor allem in den Rugby-Hochburgen Heidelberg und Hannover entwickelte sich Frauenrugby anfangs schnell, aber auch an Universitäten. Bereits 1988 wurde erstmals ein deutscher Meister (SC Neuenheim) ermittelt - damals noch in Turnierform. Die nächste „Entwicklungsstufe“ ließ nicht lange auf sich warten: 1993 wurde die zweigleisige Bundesliga mit einer Nord- und ein Südgruppe eingeführt. Der Meister wurde fortan am Ende der Saison in Entscheidungsspielen ermittelt. Doch auch dieses System war schnell überholt. Und so wurde die zweigleisige Bundesliga mit Beginn der Saison 1998/1999 in eine eingleisige Bundesliga umgewandelt, in der nur noch 15er-Rugby gespielt wurde. Zudem eröffnete der Deutsche Rugby-Verband (DRV) seinerzeit Mädchen ab einem Alter von 16 Jahren die Möglichkeit, am Spielbetrieb der Seniorinnen teilzunehmen. Die Folge: Frauenrugby in Deutschland bekam einen enormen Zulauf von jungen, enthusiastischen Spielerinnen, die dem Leder-Ei bereits seit ihrer Kindheit hinterher jagen. Obwohl zu dieser Zeit knapp 350 Spielerinnen über 16 Jahren registriert waren, musste die eingleisige Bundesliga zwischenzeitlich auf vier Mannschaften reduziert werden, weil einige Vereine die hohen Reisekosten nicht mehr aufbringen konnten. Die Reduzierung war allerdings nur von kurzer Dauer: Seit 2004 wird in der Bundesliga wieder mit sechs Mannschaften 15er-Rugby gespielt. Zudem bestehen vier Regionalligen (Nord, Ost, Süd und West), in denen knapp 25 Mannschaften 7er-Rugby spielen. Die Zahl der aktiven Spielerinnen hat inzwischen die 400er-Marke überschritten. Parallel zum nationalen Spielbetrieb verlief die Entwicklung der deutschen Frauen-Nationalmannschaft, die im Frühjahr 1989 gegründet wurde. Damals unterstand das „Mädchen- und Frauenrugby“ noch der Deutschen Rugby-Jugend (DRJ). Und es waren die damalige „Mädelwartin“ Christa Jakobtorweihen aus Wiedenbrück, die Referentin für Schulsport Martina Hensdiek sowie die Pressewartin Gisela Wilczek (DRC Hannover), die sich maßgeblich dafür einsetzten, dass auch die Frauen eine Auswahlmannschaft bekamen. Nach nur zwei Sichtungslehrgängen in Wiedenbrück und Hannover wurde der Kader aus den Vereinen Berliner SV 92, DRC Hannover, RK Heusenstamm, SC Neuenheim, TV Wiedenbrück und SV 08 Ricklingen zusammengestellt. Das erste Spiel fand am 14.10.1989 in Berlin statt und endete für die Mannschaft von Spielführerin Angelika Kraft (SC Neuenheim) mit einer 0:8-Niederlage gegen Schweden. Seitdem bemüht sich das Frauen-Nationalteam unter erheblichem Aufwand jeder einzelnen Spielerin, den Abstand zu den führenden Nationen zu verringern. Die Länderspielbilanz fällt zwar noch deutlich negativ aus, drei Europameisterschafts-Teilnahmen (1996, 1997 und 2004) und das Mitwirken an zwei Weltmeisterschaften (1998 in Amsterdam und 2002 in Barcelona) waren jedoch äußerst lehrreich und erlebenswert. Und seit der Franzose Gerard Scappini im Oktober 2002 das Traineramt bei der Frauen-Nationalmannschaft übernahm, gab es auch schon einige Achtungserfolge. So zum Beispiel den ersten Sieg gegen Holland überhaupt (12:10 in Venedig). Damit es mit dem Frauenrugby in Deutschland weiter voran geht, wurden erst kürzlich neue Strukturen geschaffen: Zwischenzeitlich dem DRV unterstellt, haben die Frauen seit 2004 eine eigene Abteilung im Verband. Nämlich die Vereinigung „Deutsche Rugby Frauen“ (DRF), deren Vorsitzende Uta Hoffmann aus Leipzig ist. Dem DRF-Vorstand gehören zudem Bärbel Glass (Spielleitung), Susanne Wodarz (Finanzen) und Sandy Köthe (Schriftführerin) an. Nähere Informationen über Frauenrugby in Deutschland gibt es auf der DRF-Internetseite (www.frauenrugby.de).

Die deutschen Meister der Frauen:

1988 SC Neuenheim 1989 SC Neuenheim 1990 SC Neuenheim 1991 SC Neuenheim - DRC Hannover 30:0 1992 SC Neuenheim 1993 SC Neuenheim - DRC Hannover 22:7 1994 RC Rottweil - SC Neuenheim 3:0 1995 FC St. Pauli - SC Neuenheim 23:5 1996 SC Neuenheim - FC St. Pauli 14:5 1997 SC Neuenheim - FC St. Pauli 12:8 1998 SC Neuenheim - FC St. Pauli 26:12 1999 SC Neuenheim - FC St. Pauli 17:15 2000 FC St. Pauli – SC Neuenheim 39:3 2001 FC St. Pauli - SC Neuenheim 37:8 2002 DRC Hannover – FC St. Pauli 18:17 2003 FC St. Pauli – SC Germania List 25:0 2004 SC Neuenheim – FC St. Pauli 31:5 2005 FC St.Pauli - SC Neuenheim 15:0 2006 FC St.Pauli - Germania List 17:5

Deutsche Meister der Frauen: SC Neuenheim (11), FC St. Pauli (6), RC Rottweil (1), DRC Hannover (1)

(artikel von christian duencher fuer das programmheft der em in hamburg, ergaenzungen von mir)(work in progress)