english summary

Der Deutsche Rugby-Verband (DRV) hat seine Frauen-Nationalmannschaft im 15er-Rugby mit sofortiger Wirkung aufgelöst. Das gab DRV-Präsident Claus-Peter Bach bekannt. Der DRV sah sich zu dieser Maßnahme gezwungen, nachdem bekannt geworden war, dass das Bundesministerium des Innern (BMI) seinen Zuschuss für leistungssportliche Maßnahmen der Nationalmannschaften des DRV (bislang 57.000,00 Euro pro Jahr) für die nächsten vier Jahre um rund zwei Drittel kürzen wird.

Der DRV hat im Jahr 2005 zwar mit allen sieben Nationalteams an allen ausgeschriebenen Wettbewerben der Welt- und Europameisterschaften ordnungsgemäß teilgenommen. Doch war dies nur durch die Hilfen des International Rugby Board (IRB) mit 108.000,00 Euro, des Europäischen Rugby-Verband (FIRA-A.E.R.) mit 38.000,00 Euro und unter sparsamster Durchführung der Wettkämpfe und Reisen möglich. Beim Außerordentlichen Bundestag des Deutschen Sportbundes im Dezember 2005 in Köln wurde das Förderungssystem für den nichtolympischen Sport im Deutschen Sportbund durch die Mitgliedsverbände des DSB verabschiedet. Damit erhielt der nichtolympische Sport erstmals überhaupt eine – wenn auch absurde – Förderungsstruktur, die zum Beispiel die gravierenden Unterschiede in der Finanzierung von Individual- und Mannschaftssportarten in keiner Weise berücksichtigt. In Köln wurde von Ulrich Feldhoff, dem DSB-Vizepräsidenten und Vorsitzenden des Bundesvorstandes für den Leistungssport, bekannt gegeben, dass die Bewilligungsbescheide für die BMI-Mittel im Jahr 2006 nicht vor dem Monat Mai versandt würden, da es zwischen Ministerium und Sportbund noch Abstimmungsbedarf gebe, doch könne man die Zuschusshöhe von 2005 getrost in die Budget-Planungen aufnehmen. In den Vorjahren waren die Bewilligungsbescheide stets im Januar versandt worden – für Verbände, die wie der DRV eine seriöse Finanzplanung betreiben und viele internationale Verpflichtungen schon im ersten Halbjahr haben, war auch das schon ein sehr später Zeitpunkt. Inzwischen liegen dem Präsidium des DRV mündliche Informationen aus gewöhnlich gut unterrichteten Quellen im „Haus des Sports“ in Frankfurt/Main vor, wonach BMI und DSB sich darauf geeinigt haben, die 26 nichtolympischen Verbände mit leistungssportlichen Fördermitteln in Höhe von 900.000,00 Euro abzuspeisen, während die 18 olympischen Verbände weit über 200 Millionen Euro erhalten sollen. Auf den DRV – so wurde uns inoffiziell bekannt gemacht – kommen bedeutende Kürzungen zu: Rund zwei Drittel der bisherigen Fördersumme sollen mit Gültigkeit für die nächsten vier Jahre (!) gestrichen werden, weil der DRV die Kriterien für eine höhere Bezuschussung nicht erfülle. Diese Kriterien sind: Eine über den Grundbetrag von 15.000,00 Euro hinaus gehende Bezuschussung kann nur erfolgen,

• wenn die erste Nationalmannschaft eines Verbandes in der aktuellen Weltrangliste die Plätze 1 bis 10 belegt

oder

• wenn die erste Nationalmannschaft eines Verbandes bei der letzten Weltmeisterschaft die Plätze 1 bis 8 belegt hat

oder

• wenn die erste Nationalmannschaft eines Verbandes bei den letzten World Games eine Medaille gewonnen hat.

Diese drei Kriterien erfüllt die Männer-Nationalmannschaft des DRV gegenwärtig nicht.

Der DRV und die Sprechergruppe der Nichtolympischen Verbände (NOV) im DSB werden in den nächsten Tagen bis zur endgültigen Zustellung der ministeriellen Zuschuss-Bescheide zwar weitere starke Anstrengungen unternehmen, um die schlimmsten Grausamkeiten zu verhindern. So werden DRV-Sportdirektor Volker Himmer und Präsident Claus-Peter Bach am 30. März in Berlin mit dem DSB-Präsidenten Manfred Freiherr von Richthofen und Michael Barthel, dem Büroleiter des DSB am Sitz der Bundesregierung, zusammentreffen. So wird die Sprechergruppe der NOV am 11. April in Frankfurt/Main mit von Richthofen und DSB-Generalsekretär Dr. Andreas Eichler konferieren. So wird Bach am 28. März in Berlin den FDP-Generalsekretär und Bundestagsabgeordneten Dirk Niebel und den sportpolitischen Sprecher der FDP, Detlef Paar MdB, aufsuchen und in der zweiten April-Hälfte gemeinsam mit dem namhaften Juristen Prof. Dr. Paul Kirchhof in Heidelberg über die Verfassungsmäßigkeit der bundesdeutschen Sportförderung – insbesondere die unterschiedliche Behandlung des olympischen und nichtolympischen Sports – sprechen. Doch ist trotz all dieser Bemühungen kaum zu erwarten, dass der DRV besser gestellt wird als andere nichtolympische Verbände.

Nach der Unterrichtung und eingehender Beratung mit dem Europäischen Rugby-Verband (FIRA-A.E.R.) und dem Weltverband International Rugby Board (IRB) hat das Präsidium des DRV einstimmig folgende einschneidenden Maßnahmen zur Haushaltssicherung beschlossen, die mit dieser Mitteilung verbindlich und sofort umgesetzt werden:

1. Die Reduzierung des hauptberuflichen Personals in der DRV-Geschäftsstelle in Hannover zum 30. Juni 2006.
2. Die Absage der Länderspiel-Tournee der deutschen Männer-Nationalmannschaft nach Frankreich im September 2006.
3. Die Absage der Teilnahme der deutschen Frauen-Nationalmannschaft an der Europameisterschaft im Mai 2006.
4. Die Umwandlung des zweiten EM-Vorbereitungslehrgangs der deutschen Frauen-Nationalmannschaft in Aachen in zwei Lehrgänge der deutschen Siebenerrugby-Nationalmannschaft der Frauen.
5. Die Überarbeitung des Haushaltes 2006 in weiteren Positionen.

Da die Einstufung des DRV durch das BMI für die Dauer von vier Jahren gelten wird und im Jahr 2007 weitere Einbußen durch den neuen Fernseh-Vertrag der 32 kleinen Sportarten mit ARD und ZDF feststehen (DRV: minus 13.000,00 Euro pro Jahr), ist die Auflösung der Frauen-Nationalmannschaft im 15er-Rugby nach derzeitiger Sachlage dauerhaft. International wird das deutsche Frauen-Rugby in den Jahren 2006 bis 2009 allein durch die Siebenerrugby-Nationalmannschaft repräsentiert werden.

via scrum.de